Wie schon gesagt, wir haben es bereits öfter versucht, eine Hütte zu pachten. Es kristallisierten sich zwei „Probleme“ für uns heraus.
Zum einen, dass wir nie wirklich länger an einem Ort waren. In vielen Ausschreibungen wird ein engmaschiges Netz aus lokalen Helfern wärmstens empfohlen. Das leuchtet ein. Hilfe aus dem Tal ist unerlässlich. Familie, Freunde oder Bekannte im Tal können schnell hoch und aushelfen, wenn es eng wird, sie können vielleicht auch mal Einkäufe erledigen und hochbringen oder Pakete annehmen, Post verschicken und noch vieles mehr. Unerlässlich halt.
Solch ein Netz konnten wir jedoch nie entwickeln, da wir überall nur eine Saison waren. Unsere Familien sind weit weg. Freunde in einer eingeschworenen Talgemeinschaft zu finden, geht auch nicht immer einfach von der Hand. Am Ende fühlte es sich so an als sei die Empfehlung, ein Netz zu haben, mehr eine Bedingung für eine erfolgreiche Bewerbung.
Das war jetzt aber nunmal ein Umstand, den wir kurzfristig nicht ändern konnten. Natürlich hätten wir auf einer Hütte für mehrere Jahre bleiben können, darauf hoffen, dass es den Pächter:innen irgendwann zu viel wird und uns dann bei der Sektion anbiedern, um den Zuschlag zu bekommen - das ist aber nicht unser Stil. So wären allerdings viele unserer Erfahrungen und Bekanntschaften nie entstanden. Trotzdem war es ernüchternd zu sehen, wenn jemand anderes den Zuschlag für eine Hütte bekam, der keine oder geringe Gastronomieerfahrung jedoch ein “Netz aus lokalen Helfern” aufweisen konnte.
Wir haben uns beinahe überall beworben. Für den Anfang wollten wir jedoch nicht so groß starten. Ein Hütte wie das Taschachhaus, auf dem wir einen Sommer waren, kam uns als erste eigene Pacht zu gewaltig vor. Reiner Sommerbetrieb war uns auch wichtig. Ebenso haben wir eine Belieferung mit dem Helikopter für den Anfang ausgeschlossen. Respekt an alle, die sich da ran trauen, wir konzentrierten uns jedoch eher auf Hütten bis 60 Schlafplätzen mit Fahrstraße oder Materialseilbahn, jedoch ohne normale Seilbahn, wie etwa beim Edmund-Probst-Haus, in der Nähe.
So gingen unsere Bewerbungen vom Dachstein nach Kärnten über Kitzbühel bis nach Innsbruck. Ab und an bekamen wir sogar Angebote zur Pacht, die aber leider nie mit unseren Anforderungen übereinstimmten.
Mittlerweile melden sich natürlich nicht nur gutvernetzte Einheimische auf die Hüttenausschreibungen der Alpenvereinssektionen. Viele Hütten werden (erfolgreich) von Menschen jeglicher Herkunft betrieben.
Das gab uns die Zuversicht, es weiter zu versuchen.
Für uns greift ab hier allerdings unser zweites „Problem“.
Wir haben unsere Bewerbung immer offen formuliert. Ich bin Physiotherapeut und kein kochender, akkordeonspielender Elektriker mit eigener Schnapsbrennerei, hang zum backen und hunderten Bekanntschaften im jeweiligen Tal, in das die Bewerbung ging. Halie ist Amerikanerin hat keine traditionelle Kochausbildung, wird kein Dirndl tragen, strickt und jagt nicht und setzt sich auch nicht Gitarre spielend zu den Gästen nach einem 14-Stunden-Tag.
Das eigentliche „Problem“ war jedoch, dass wir immer klar kommuniziert haben, dass wir die Hütte vegetarisch betreiben wollen. Mit der Zeit haben wir das aufgeweicht und das Wort „mittelfristig“ eingefügt - ohne Erfolg. An der Sache ändert das jedoch nichts.
Viele legten uns nahe, es den Sektionen gegenüber erst gar nicht zu erwähnen und es dann einfach zu machen. Der Sektion ginge es schließlich nichts an, wie der Pächter die Hütte betreibe. Zugegeben waren wir auch kurz davor, nichts mehr von vegetarisch zu sagen. Doch hatten wir kein gutes Gefühl damit. Wir wollen eine vegetarische Hütte und wir wollen eine Sektion, die das zumindest toleriert.
Einmal bei einem Bewerbungsgespräch hat uns ein Vorstandsmitglied – selbst Vegetarier – zugesichert, dass eine vegetarische Hütte keine Zukunft habe.
Zugegeben glaubten wir, nach einigen gescheiterten Bewerbungen, selbst daran. Deshalb galt es diesen Glaubenssatz zu überprüfen. So haben wir, wie schon erwähnt, auf der Franz-Fischer-Hütte angeheuert. Und siehe da: es funktioniert doch!
Wir saßen mit Evelyn und Tom, dem Pächterpaar der Fischer-Hütte, oft zusammen und wurden bestärkt, bis heute. Die Umstellung bedeutete für die Hütte und das Riedingtal einen enormen Mehrwert. Es gehe nicht darum, dass sich jetzt alle fleischlos ernähren und jede Hütte Fleisch von ihren Speisekarten verbannen müsste. Es ist eine von 575 Alpenvereinshütten, auf der es eben kein Fleisch gebe. Vom totalen Fleischverzicht kann also nicht die Rede sein. Und das Riedingtal hat jetzt eben neben den sieben anderen Almen eine vegetarische Hütte. Die nebenbei bemerkenswert von den Einheimischen angenommen wird, eben weil es ein Mehrwert ist auch einmal etwas wie die geniale Rote-Beete-Lasagne von Evelyn zu essen.
Eine unserer Bewerbung ging an die Sektion Greiz, die letzten Endes von unserer Bewerbung ganz angetan zu sein schien. Natürlich, wie soll es anders sein, nicht auf anhieb. Dazu im nächsten Eintrag mehr ;)
Jetzt haben wir das, womit wir schon nicht mehr gerechnet haben: die Unterstützung der Sektion. Als wir das langsam realisieren kommen sofort die nächsten Zweifel, an die wir bis jetzt eben noch nicht gedacht haben: die Akzeptanz der Gäste. Die Überzeugung, dass eine bodenständige vegetarische Hütte am Berliner Höhenweg einen Mehrwert für alle Gäste und das Zillertal bietet, blieb jedoch bestehen. Unser Ziel ist es nicht, den Berliner Höhenweg vegetarisch zu machen oder irgendjemanden zu missionieren. Wir wollen einfach nur eine bescheidene Station auf dem Höhenweg oder für die Gäste aus dem Tal sein, die alpenländische Klassiker sowie das ein oder andere besondere Gericht – alles in vegetarischer Ausführung – anbietet.
Also, keine Angst: es wird euch schmecken, ihr werdet sicher satt und ihr verlebt einen angenehmen Tag am Berg mit vielleicht neuen geschmacklichen Eindrücken.
Wie wir jetzt ausgerechnet zur Greizer Hütte gekommen sind und warum für uns die Zusage besonders überraschend kam, erfahrt ihr (wie schon erwähnt) in der nächsten Geschichte.